
Welchen Weg geht Stückgut? Interview mit Stephan Opel
Seit September 2021 ist Stephan Opel Geschäftsführer der System Alliance. Zu seinen Hauptaufgaben gehört es, das Netzwerk und seine Partner erfolgreich in die Zukunft zu führen. Im Gespräch skizziert er sein Bild des Status quo und beschreibt die Zukunft des Netzwerks.
Wie erleben Sie den deutschen Stückgut-Markt? Und wo steht System Alliance?
Aktuell nehmen wir eine deutliche Unruhe am Markt wahr. Über einen langen Zeitraum war das Güteraufkommen so hoch, dass die Systeme ihre Kapazitätsgrenzen erreichten. Gleichzeitig nehmen die Anforderungen der Kunden stetig zu und die Empfängerstrukturen verändern sich. Mit dem stark wachsenden Online-Handel steigt auch das Sendungsaufkommen für Privatempfänger. Drei Entwicklungen, die jedem zeigen, wie wichtig stabile, transparente und vor allem zukünftig auch digitale Prozesse sind.
Bei System Alliance verfügen wir über eine flexible IT-Landschaft, die wir dynamisch erweitern und verbessern. Unsere Gesellschafter schaffen den stabilen Rahmen, den wir für diese Weiterentwicklungen benötigen. Wir können investieren. Unser Netz verfügt über enormes Entwicklungspotenzial, das wir nutzen müssen. Themen wie die Kompatibilität mit Partnersystemen sowie Echtzeitinformationen entlang der Prozesskette sind Herausforderungen, mit denen wir uns intensiv beschäftigen. Die zunehmende Digitalisierung sehen wir auch als Basis für neue Geschäftsentwicklungen beziehungsweise neue Geschäftsmodelle.
Wohin gehen die Trends im Stückgut?
Komplex verknüpfte Wertschöpfungsketten und steigende Anforderungen führen nicht nur zu mehr Prozessdigitalisierung. Sie schaffen auch Raum für Technologie-Startups mit hoher IT-Kompetenz. Einfache Anbindungen von Kunden und Partnern sowie leicht handhabbare Datenpools werden Pflichtaufgaben. Gleichzeitig entsteht das Potenzial für disruptive Geschäftsmodelle. In unserem Bereich ist das beispielsweise eine immer stärkere Automatisierung der Disposition, die dem Netzwerk mehr Dynamik verleiht, insbesondere bei der Planung von Direktverkehren. Oder auch vorausschauende Analysen – also eine Technologie, die uns durch den Einsatz künstlicher Intelligenz frühzeitig Personal- und Ressourcenbedarf erkennen lässt. Aber trotz allem bleiben Assets wie Fahrzeuge und Umschlaganlagen die Basis für ein funktionierendes und wirtschaftliches System.
Wie wirken sich diese Trends auf die Stückgut-Netzwerke aus?
IT-Kompetenz und zentrale Steuerung dürften sich als Schlüsselpunkte der zukünftigen Entwicklung erweisen. Wenn ein Netzwerk funktionieren soll, müssen die Leistungsversprechen des Systems im Mittelpunkt stehen und eine verlässliche Basis bieten. Dafür müssen die Partner offen und fair miteinander umgehen und genau deshalb einer solchen Kooperation Vorrang vor anderen Partnerschaften einräumen. Flächendeckung zu wirtschaftlich attraktiven Bedingungen bleibt der Schlüssel zum Erfolg. Dies beinhaltet auch lohnende Konditionen für sämtliche Leistungen im System – ein Beispiel ist der Stückguteingang, der nach wie vor oftmals ein Stück weit stiefmütterlich behandelt wird.
Wenn wir das System als Ganzes steuern und die einzelnen Betriebe stärker als bisher aufeinander abstimmen wollen, brauchen wir dafür vollumfängliche Transparenz. Für uns heißt das, auf Augenhöhe zu agieren. Wir wollen echte Kollaboration erreichen. Das schaffen wir zum Beispiel mit übergreifenden IT-Lösungen. Aber auch mit Themen wie dem Open-Source- Ansatz werden wir uns intensiv beschäftigen.
Welche Aufgaben hat System Alliance auf diesem Weg?
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir eine starke Systemzentrale und umfassende Kompetenzen in den Kernbereichen benötigen. Neben der Digitalisierung als Basis für einfache Vernetzung, schnelle Koordination und maximale Transparenz ist dies vor allem der Personalbereich. Denn den physischen Transport und den Umschlag von Gütern werden auch in der Zukunft Menschen durchführen. Also gehört es zu unseren Aufgaben, Mitarbeiter an uns zu binden, um leistungsfähig zu bleiben. Das gilt insbesondere für Kraftfahrer und Umschlagpersonal, aber auch IT-Architekten, denn diese Bereiche entwickeln sich zu immer knapper werdenden Ressourcen – hier ist die Fluktuation enorm, diese Berufsbilder müssen deutlich positiver besetzt werden. Darüber hinaus spielt das Thema Wertschätzung eine wesentliche Rolle. Eine Aufgabe, die wir zukünftig deutlich stärker auch bei den Disponenten sehen. Denn diese gewinnen durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und stärkerer Automatisierung neue Freiräume, um sich beispielsweise der Fahrerbetreuung zu widmen.
Das klingt nach einem Stückgut-Netzwerk mit neuer Struktur. Wie wollen Sie diesen Weg gehen?
Tatsächlich arbeiten wir daran, den gesamten Prozess mit allen Einzelheiten deutlich besser zu steuern und zu beherrschen. Dafür benötigen wir einerseits die Prozesshoheit im täglichen operativen Geschäft, gleichzeitig sind Attribute wie Offenheit und Ehrlichkeit in alle Richtungen für uns ganz wichtig.
Das schaffen wir nur, wenn wir eine neue, gemeinsame Unternehmenskultur etablieren. Bei der wir das Gesamtnetzwerk mit unseren Partnern nach vorn bringen und miteinander auf Augenhöhe agieren. Unsere Voraussetzungen dafür sind exzellent. Wir sind ein sehr stabiles Netzwerk, mit etablierten, hervorragend aufgestellten Gesellschaftern, die in ihren Regionen oft selbst Marktführer sind. Unsere Entscheidungswege sind kurz, das heißt, wir sind sehr schnell in der Lage, Dinge umzusetzen. Wir schränken die unternehmerischen Entscheidungen unserer Partner nicht ein. So bieten wir diesen langfristig Sicherheit und Perspektive. Wenn diese Basis gegeben ist, wird es zukünftig immer weniger wichtig sein, in mehreren Netzwerken zu arbeiten und regelmäßig etwa in zusätzliche IT-Anbindungen zu investieren. Unser Ansatz ist es, all unseren Partnern hochentwickelte IT-Anbindungen sowie digitale Prozesse zur Verfügung zu stellen, um den handelnden Personen das Leben zu erleichtern.